Wem die wissenschaftliche Ausrichtung der eigenen Yoga-Praxis wichtig ist, profitiert von diesem Buch. Denn die Idee ist, Yoga aus Sicht aktueller Forschungsstudien darzustellen und mit praktischen Erkenntnissen und Übungsbeispielen zu verknüpfen.
Die Autorin, Pflegewissenschaftlerin und Yogalehrerin, ist nicht wissenschafts-„hörig“. Sie betont, dass wissenschaftliche Qualitätskriterien ihre Grenzen haben und nicht das Hauptinteresse dieses Buches sind.
Es besteht aus zwei Teilen. Im ersten wird ein Überblick über die unterschiedlichen Arten von frei zugänglichen Yoga-Studien gegeben. Die Autorin stellt fest, dass Vorsorge und Therapie gesellschaftliche Aufgaben sind, die sich besonders auf weit verbreitete Krankheiten beziehen und gibt dann Informationen über die häufigsten Erkrankungen (z.B. Herz-Kreislauferkrankungen, Brustkrebs, chronische Atemwegserkrankungen oder psychische Störungen). Schliesslich geht es um die aktuellen Bedingungen, unter denen Therapie und Forschung stattfinden, und darum, wie guter Yoga-Unterricht aussehen kann.
Im zweiten Teil geht es auf über 200 Seiten um die Yoga-Praxis zur Vorsorge und Therapie bei den Erkrankungen. Insgesamt gibt es 83 Übungen, die mit vielen Variationen dargestellt werden.
Exemplarisch sei hier das Unterkapitel „Yoga zur Unterstützung der Therapie von Depression und Angststörungen“ beschrieben, das 6 Seiten umfasst. Zuerst werden Daten zum Auftreten von Depressionen vermittelt, das Verhältnis zur Angsterkrankung beschrieben und Fragen der Diagnose und Symptomatik behandelt. Dann geht es um die verfügbaren Studien zum Thema sowie das Ergebnis einer Delphi-Studie, bei der Expertenmeinungen eingeholt wurden. Die Experten waren sich einig, dass einige oder alle vier Anteile der Yoga-Praxis (Haltung, Atemkontrolle, Entspannung und Meditation) für eine individuell zugeschnittene Praxis zur Reduzierung von Depression oder Angst empfohlen werden.
Die Studienlage und die Anwendbarkeit von Übungen ist je nach Erkrankung unterschiedlich. Weil Yoga Menschen in ganz unterschiedlichen Lebensaltern und in sehr verschiedenen Krisen- und Krankheitssituationen hilft, tun die Übungen nicht allen gleich gut. Deshalb ist es wichtig, dass Übende und Lehrende eine individuelle Perspektive einnehmen.
Joachim Koch
Ingrid Kollak. Yoga in Vorsorge und Therapie. Hogrefe Verlag 2019. 263 Seiten, Fr. 45.50