Als ich mit Yoga begann, waren die ersten Yogastunden zwar wunderbar fordernd und erholend, aber stressig: unbekannte Namen, ungewohnte Bewegungen, ein Raum voller Menschen, die ohne Anstrengung vom einen Asana ins nächste wechselten. Und dann rutschte ich auch noch dauernd auf der Matte aus. Im herunter schauenden Hund glitten meine Hände ungehindert nach vorn, bis ich verzweifelt die Aussenkante der Matte packte. In der Vorbereitung zum Handstand rutschten meine Füsse der Wand entlang nach unten, während die Füsse der andern an der Wand zu kleben schienen.
Es dauerte über ein Jahr, bis ich das Geheimnis meines Problems lüften konnte. Als ich wieder einmal aus dem Hund rutschte, sagte meine Yogalehrerin: «Liebe Frauen, ich finde es wunderbar, dass ihr euch gut mit Bodylotion eincremt, aber bitte tut das nicht vor der Yogastunde.» Sie hatte ins Schwarze getroffen. Auch wenn sich bei der Asana-Praxis meine Sinne gegen innen richten, nehme ich meinen Körper sehr bewusst war. Da stören mich trockene Schienbeine, rissige Fersen oder spröde Hände. Also duschte, schrubbte und cremte ich vor jeder Lektion ausgiebig.
Inzwischen mache ich einen weiten Bogen um Hand- und Fusscremes, wenn ich ins Yoga gehe. Aber auch das hat seine Tücken: Zwar kann ich mich nun in Adho Mukha Svanasana lang strecken, ohne dass sich meine Hände verselbständigen. Doch dafür ärgere ich mich über meine trockenen Fusssohlen, wenn ich in Virasana zwischen meinen Füssen sitze.
Anstatt mit weichem Blick geradeaus zu blicken, schiele ich immer wieder verstohlen auf meine Sohlen: Wieso zum Donnerwetter sind die Fersen so rauh?
Es scheint keinen Weg aus meinem Dilemma zu geben. Hin und wieder creme ich meine Füsse wider besseres Wissen zünftig ein und hoffe – natürlich vergeblich –, dass ich dank meiner inzwischen langjährigen Erfahrung auch so Stabilität auf der Matte haben werde. Danach lasse ich es wieder eine Weile bleiben und versuche – natürlich vergeblich – nicht auf meine Füsse zu schauen.
So oder so, die Yogapraxis geht vor. Nicht wie die Schülerin, die einen meiner Lehrer völlig aus dem Konzept brachte. Er forderte uns auf, in Virasana zu sitzen. Sie weigerte sich mit der Begründung, sie komme direkt von der Pedicure und wolle ihren Nagellack nicht ruinieren. Daraufhin setzte sie sich in den Schneidersitz. Der Lehrer schaute sie entgeistert an und brachte kein Wort hervor. Doch die Episode erschütterte ihn offensichtlich, denn später erzählte er die Geschichte immer mal wieder und erklärte kopfschüttelnd, er verstehe nicht, wie man die Eitelkeit über den Yoga stellen könne.
Ich bin natürlich auch ein bisschen eitel. Aber ich versuche, mir das im Yoga nicht anmerken zu lassen.