Was es in andern Ländern schon länger gibt, bekommt auch in der Schweiz zunehmend Bedeutung: Yogakurse in Gefängnissen. Yoga hilft den Insassen, weil er entschleunigt und entstresst. Zudem tut er gut bei körperlichen Beschwerden wie Rückenschmerzen.
«Es ist auffallend, wie unruhig und nervös die Insassen sind, wie voll ihr Kopf die ganze Zeit ist», sagt Beat Wicky, der in einem Gefängnis in der Zentralschweiz Yoga unterrichtet. Inzwischen haben die Teilnehmer des Yogakurses gemerkt, dass ihnen der Yoga gut tut, dass sie zur Ruhe kommen können und sich auch körperlich besser fühlen.
Genau die gleiche Erfahrung hat Carlo Vella gemacht. Der 79-jährige Yogalehrer ist in der Schweiz wohl der Pionier des Yogaunterrichts in Strafanstalten. Er unterrichtete ab 1998 während elf Jahren im Gefängnis Regensdorf, bevor er aus Zeit- und Altersgründen einem andern Yogalehrer Platz machte. «Die Stärke von Yoga ist, dass er entschleunigt und entstresst», sagt er. Der Alltag im Strafvollzug sei schwierig, es gebe eine informelle Hierarchie und die Insassen seien meist nicht besonders nett zueinander. «In einem solchen Umfeld ist die Yogastunde ein kleiner Moment der Ruhe.» Nie vergessen wird Carlo Vella, was ein Strafgefangener einmal zu ihm gesagt hat: «Die Yogastunde ist die einzige Stunde in der Woche, in der ich mich mit mir selber wohl fühle.»
Es steht ausser Frage, dass es anspruchsvoll ist, Yoga in einem Gefängnis zu unterrichten. Die Fluktuation ist gross, das Alter, die körperlichen Möglichkeiten und der Grad der Fitness ist sehr unterschiedlich. Jede Lektion stehen die Lehrer deshalb vor einer neuen Situation.
«Die Stunden sind nicht planbar», sagt Carlo Vella. «Im Gefängnis ist der Yoga wirklich nur für die Teilnehmer da. Wir als Lehrer können keine Konzepte reinpacken.» Beat Wicky stimmt dieser Aussage zu: «Ich gehe ohne festes Programm in die Stunde und schaue, was ansteht und gewünscht wird.»
Auch im Gefängnis gehört Arbeit und Freizeit zum Alltag. Die Insassen müssen gemäss dem Schweizerischen Strafgesetzbuch arbeiten. Im Gegenzug haben sie die Möglichkeit, aus verschiedenen Freizeitbeschäftigungen auszuwählen, für die sie Kursgeld bezahlen.
Lesen Sie mehr zum Thema in der Ausgabe 4/16
Comments are closed.