Autorin: Naomi King
In früheren Zeiten pilgerten die Menschen fast ausschliesslich aus religiösen und kirchlichen Motiven. In der modernen Zeit geht es darum, den Stress des Alltags hinter sich zu lassen und den Kopf frei zu bekommen. Nichtsdestotrotz bleibt der Weg des Pilgerns ein spiritueller Pfad zu sich selbst.
Pilgernde bewegen sich als Reisende auf neuen Wegen, die herausfordernd und zuweilen auch abenteuerlich sein können. Das Pilgerleben war einfach und bescheiden, manchmal auch von Verzicht geprägt. Unterwegs zu sein prägte die langen Reisen und war oft wichtiger als das Ankommen. Pilgern war vor allem eine geistige Haltung dem inneren Leben gegenüber.
Die Pilgerreise dient in den Weltreligionen dem Menschen, um eine Verbindung zum höchsten Prinzip zu knüpfen oder zu einem Menschen, der dieses höchste Prinzip repräsentiert. Die Reisenden sind Suchende, die sich auf den Weg machen, um mit dem höchsten Prinzip in Verbindung zu treten.
Die Tradition des Pilgerns ist in jeder Religion etwas anders gelagert, daher gibt es keine einheitliche Entstehungsgeschichte des Pilgerns. Im antiken Griechenlands waren der Tempel der Artemis in Ephesos oder das Apollon Orakel von Delphi berühmte Wallfahrtsorte. Jerusalem ist seit dem Bau des ersten israelitischen Tempels bis heute einer der weltweit bedeutendsten Wallfahrtsorte für Juden, Christen und Muslime. Am Zusammenfluss des Ganges und Yamuna bei Prayagraj findet das weltweit grösste Pilgerfest «Kumbh Mela» statt. Die Unesco hat 2017 die Kumbh Mela in ihre Liste der immateriellen Kulturerben der Menschheit aufgenommen.
Pilgern ist heute wieder eine ganzheitliche Bewegungskur für Leib und Seele. Bereits Hippocrates, der berühmte Arzt der Antike, hatte das so gesehen, als er sagte: «Gehen ist des Menschen beste Medizin.»
Mehr zum Pilgern in der aktuellen Ausgabe 1/24.