6 Uhr. Aufstehen. „Was läuft heute …?“
Halt. Denken ist nicht gut. Also nicht denken. Spüren. Atmen. Besser. Moment. Jetzt bin ich gerade am bewerten – und, in vielen Mediationen wird betont, man solle nicht bewerten. Und wenn ich „besser“ oder „nicht gut“ denke, ist das doch eine Bewertung. Und wenn ich mir sage, dass bewerten „schlecht“ ist, bedeutet doch das, dass ich soeben ein Urteil über meine Bewertungen gefällt habe. Beisst sich irgendwie alles in den Schwanz. „Ziemlich kompliziert“, denke ich. Stop!
Also nochmals: Zeit zum Aufstehen. Atmen. Spüren. Ahh – Lust auf Kaffee und ein paar ruhige Minuten. Ok. Leise tappe ich durch den dunklen Flur, um die Kinder nicht frühzeitig auf mich aufmerksam zu machen. Setze Kaffee auf, und bereite – in Gedanken an den bevorstehenden Tag verloren – (schlecht!!) das Frühstück vor. Dann ruft das duftende Brodeln der Mokka-Kanne.
In Frieden mit mir selber und der Welt setze ich mich aufs Sofa, schlürfe leise meinen warmen Kaffee, der durch meinen Körper fliesst. Ich spüre, wie die Wärme in mir runter sickert. Schreibe ein paar Gedanken in meinem Notizheft auf. Ok. Ich denke schon wieder. Sei’s drum.
Ich höre die Vögel zwitschern und denke (!): „Draussen einen Spaziergang machen wäre jetzt eigentlich auch schön.“ Nur ist der Körper etwas faul und der Geist findet sofort eine Ausrede: „Keine Zeit“. Zeit für ein paar Dehnungen und Drehungen bleibt jedoch allemal. A propos – da gibt es doch eine ganz verdrehte Yoga-Pose. Die, wo ich die Arme ineinander verschlingen sollte und die Ellbogen nach oben schieben, so gut es geht, Schultern tiiiiief, atmen! Und dann dasselbe mit den Beinen: ein Bein ums andere schlingen, Fuss hinter der Wade einhaken (wie?), wobei wir auch schön auf einem Bein balancieren, die Knie beugen, Hinterteil rausstrecken, Hüfte parallel halten und weiter atmen. Adler (Garuda), so heisst die Pose. Wieso eigentlich Adler? Ich fühle mich überhaupt nicht frei schwebend wie ein Adler mit breit ausgestreckten Schwingen. Eher wie ein eingeklemmter Schraubstock.
Es heisst, dass die Pose das Gleichgewicht fördert. Den Schultergürtel und die Hüfte dehnt. Und sie stärkt auch noch die Fuss- und Handgelenke. Es jedenfalls für mich eine gelungene Art, mein kompliziertes Denken zu stoppen, weil ich bei dieser „Bondage-Technik“ sogar im Kopf einen Knoten kriege und mich einfach nur noch darauf konzentriere, wie ich diese Stellung hinkriege und gleichzeitig atme und nicht umfalle wie ein gefällter Baum. Das wäre dann eine andere Pose…