Yoga heißt Yoga. Auch auf Brasilianisch. Ja, ich habe tatsächlich das Gebäude gefunden. Meine erste Yogastunde im Ausland. Ich besuche eine Yogastunde an der öffentlichen Tanzschule von Salvador de Bahia in Brasilien (FUNCEB). Seit 5 Tagen bin ich nun hier. Langsam angekommen. Der Kopf schaltet nur allmählich aus, der Körper fühlt sich schnell heimisch. Die Yogastunde findet im UG statt. Ein Ventilator summt. Es ist schon Nacht, obwohl erst halb sieben ist. Die Neonlampe verbreitet Licht wie in einer chinesischen Fressbude. Die Temperatur angenehm, etwas feucht, aber trotzdem angenehm. Der zen-mäßige Yogalehrer – er hat Rastas und ist ziemlich jung, schaut mir einfach in die Augen und hört zu. Er versteht nicht genau, was ich sagen will, ich weiß nicht genau, was ich versucht habe zu sagen – irgendetwas mit „wo ist eine Yogamatte?“ – er deutet auf den Boden, ich solle mich zu den anderen setzen. Er gestikuliert und ich schließe daraus, dass er sich darum kümmern will. Eigentlich sind es auch gar keine Matten, auf dem ein paar andere Frauen sitzen, sondern eher kurze Gymnastikmatrazen. Aber egal, ich setze mich hin und warte.
Trommeln, Gestampfe, Ventilator
Es kommen noch mehr. Eine argentinische Bekannte, die ich in Salvador am ersten Abend in einer Bar angetroffen habe, ist mitgekommen. Wir warten auf unsere Matten. Vergeblich. Die Stunde – eine Hatha Yoga Stunde, laut Plan – fängt an. Wir sitzen auf dem harten Holzboden. Nicht nur wir, auch andere haben keine Matten. Scheint niemand zu stören. Also. Ich versuche zu verstehen, was er sagt. Schnappe ein paar Brocken auf – Augen zu, Atmen, die einzelnen Körperteile spüren, Atmung vertiefen. Irgendwann höre ich Bewegung um mich herum. Ich öffne die Augen. Aha – er zeigt Wechselatmung vor. Gut, kenne ich auch. Wieder Augen zu. Im 1. Stock hat die Afro-Tanzstunde begonnen. Laute Trommeln, stampfen, man hört die Lehrerin die Schüler anfeuern. Wie soll ich mich da konzentrieren und überhaupt, verstehen, was der engelsgleiche Gabriel – so heißt der wundersame Yogalehrer – uns sagt? Würde jetzt lieber auch gleich tanzen als hier zu sitzen und meine schmerzenden Knöchel zu spüren. Heilanddonner. Wann ist das Sitzen endlich fertig?? Ich mahne meine Gedanken zur Ruhe. „Das ist doch nicht Yogistil meine Liebe. Konzentriere dich auf hier und nicht auf das da draußen.“
Endlich kommt Bewegung in die Sache. Wir dürfen uns recken und strecken. Der erste hinabschauende Hund. Dann auf die Knie. Autsch. Meine Kniescheiben. Stundenlang, so scheint mir, dehnen wir uns seitlich, nach vorne, rückbeugend, immer schön auf den Knien. Dann die Erlösung. Wir stehen auf. Ich schiele links und rechts, um mitzubekommen, was ich machen sollte. Die Frauen rund um mich herum sind jeden Alters und in jeder Form. Kein Mann, außer dem Lehrer. Warum ist das nur so…? Egal. Also, ins Dreieck.
Asana ist Asana
Mein Kopf kommt zurück in den jetzt ziemlich stickigen Raum. Obwohl wir uns nicht viel bewegen, läuft mir der Schweiß runter. Zum Glück kenne ich die Stellungen und Gabriel nennt die Namen auch auf Hindu, so dass ich meistens weiß, was er meint. Nicht ganz ohne – wenn man die Sprache nur halbwegs versteht. Ich stelle mir vor, wie das wäre, wenn ich in Thailand eine öffentliche Yogastunde besuchen würde. Ein Sketchnummer. Hallooooo – zurück! Die Trommeln obenan steigern sich zum Stakkato. Eine fast unermessliche Aufgabe, sie zu ignorieren. Langsam zeigen die Übungen auch in meinem Kopf Wirkung. Auch wenn die Umstände widrig sind – harter Boden, summender Ventilator, brasilianischer Singsang, der mich zum Schmunzeln bringt, und vor allem – laute Trommeln. Ich bin hier. Und es tut mir gut. Wir liegen in Shavasana. Das Licht geht aus. Absicht oder Stromausfall?? Ich freue mich schon auf Donnerstag. Dann habe ich wieder Stunde. Und hoffentlich ergattere ich mir eine Matte. Wobei – es geht auch ohne. Namaste.