Ich werde nie vergessen, wie in dem Yogastudio in den USA, in dem ich vier Jahre praktizierte, eine strenge Regel galt: kurz vor und bei Vollmond gibt es keine Rückwärtsbeugen! Als ich in die Schweiz zurückkehrte und sich beim Üben niemand um die Mondphasen scherte, war ich zutiefst schockiert. Ich liebe den Mond, und dass er auf unser Sein wirkt, steht für mich ausser Frage. Immerhin beeinflusst «Frau Luna», wie Lisa Hood in ihrem Buch sagt, die Gezeiten. Bringt Ozeane in Bewegung.
Da ist es nur logisch, dass unser Körper mit einem Wasseranteil von 60 bis 75 Prozent ebenfalls auf die verschiedenen Phasen von Frau Luna reagiert. Ich jedenfalls lag jeweils hellwach im Bett, wenn wir bei Vollmond Urdhva Dhanurasana, das Rad, geübt hatten.
Mit ihrem Buch will uns die Autorin helfen, die unterschiedlichen Energien besser zu verstehen und zu erfühlen und in unserer Yogapraxis sowie im Alltag zu nutzen: «Wenn du weisst, wann du Entschleunigung und Ruhe brauchst, und wann du Kraft für Aktivität und Veränderung hast, fühlst du dich energiegeladener und aufgeweckter», schreibt sie in der Einleitung.
Umrahmt von schönen Illustrationen liefert sie für jede der neun Mondphasen eine entspannende Yin-Yoga-Asana, erholsame oder aktiv-dynamische Flows zum Bündeln der Mondenergie sowie Affirmationen, Mantras und Journaling-Ideen.
Die erste Mondphase ist der Neumond, bei dem es um den Neuanfang geht, um die Erschaffung von Neuem und das Loslassen von alten Energien. Als Affirmation gibt sie: «Ich wecke meine Kräfte und bin offen für Neuanfänge.» Der Yogaflow hat langsame, weich fliessende Bewegungen mit starker Erdverbundenheit und geöffneter Wirbelsäule.
Danach geht es weiter zur zunehmenden Sichel (Aktivierung und Transformation), zum ersten Viertel (Gleichgewicht, Wachstum), zunehmenden Halbmond (Aufregung, Vorfreude) und zum Vollmond (Freude, Fülle). Danach folgt der abnehmende Halbmond (Entschleunigung und Hingabe), das letzte Viertel (Loslassen, Vergeben), die abnehmenden Sichel (Heilung, Rückzug) und schliesslich der dunkle Mond, der von Stille und Tiefgründigkeit geprägt ist.
Es ist faszinierend und macht Spass, die eigene Yogapraxis eine Weile bewusst auf die unterschiedlichen Mondphasen auszurichten und zu schauen, was passiert.
Lisa Hood. Yoga mit der Kraft des Mondes. Asanas, Flows und Rituale für mehr Ausgeglichenheit, Energie und innere Stärke. riva Verlag 2024. 128 Seiten, Fr. 24.90