Lange Zeit hat Dankbarkeit bei mir eine regelrechte Stressattacke ausgelöst. Kampf oder Flucht! Auch wenn das Wort in einem Zusammenhang aufgetaucht ist, der nichts mit mir zu tun hatte. Und wehe, jemand wagte es, mich zu Dankbarkeit bewegen zu wollen. Von roten Ohren über Herzrasen bis zu einer schrillen Stimme waren alle Stresssymptome vertreten.
Ich fühlte mich in die Enge gedrängt. Entweder erklärte ich mir und allen, die es (nicht) hören wollten, warum ich ganz sicher nicht dankbar zu sein brauche. Oder ich tat, als ob ich nichts gehört hätte und ärgerte mich im Stillen über die Idee. Schliesslich haben meine Eltern selber entschieden mich zu bekommen! Dass ich einen tollen Job habe, habe ich mir selber erarbeitet! Dass meine Kinder gesund sind, liegt an meinen Anstrengungen, sie gesund zu ernähren, für viel Bewegung und wenig Zeit vor dem Fernseher zu sorgen. Dafür könnte ich höchstens mir selber dankbar sein. Meistens kam das aber auch nicht in Frage. Schliesslich war ich in meinen Augen noch nicht perfekt genug.
Wenn man sich eine Weile auf die Arbeit in seinem Inneren konzentriert, kommt man an der Dankbarkeit nicht vorbei. Also habe ich in den sauren Apfel gebissen und mich dem Kampf gestellt. Ganz nach dem Motto meiner Mentorin «Dort, wo die grösste Angst liegt, liegt auch das grösste Entwicklungspotenzial», habe ich mich dem stressauslösenden Wort wenigstens gedanklich genähert. Dank der hervorragenden Zusammenarbeit meiner linken und rechten Gehirnhälfte ist mir schnell klargeworden, dass nicht die Dankbarkeit das Problem ist, sondern das, was fast immer damit verbunden ist: Schuld. Das Gefühl, dass ich, wenn ich für etwas dankbar bin, eine Gegenleistung erbringen muss.
Wenn ich meinen Eltern dankbar bin, dass sie mich auf die Welt gebracht haben, muss ich eine gute Tochter sein und ihre Erwartungen erfüllen, um meinen Teil der unausgesprochenen Abmachung einzuhalten. Wenn ich meiner Firma dankbar bin, dass sie mich eingestellt haben, muss ich mich doppelt anstrengen, um zu genügen. Wenn ich für die Gesundheit meiner Kinder dankbar bin, gebe ich indirekt zu, nicht alles kontrollieren zu können, auch wenn ich mich noch so anstrenge. Also auch abhängig zu sein von den Launen des Schicksals, das ich angestrengt zu überzeugen versuchen muss, mir und der Gesundheit meiner Kinder gnädig gestimmt zu sein.
Mein Problem mit der Dankbarkeit war eine falsche Verknüpfung. In meinen Prägungen und alten Mustern waren Dankbarkeit und Schuld aneinandergekoppelt. Ich brauchte also nur den Knopf zu lösen – und habe ein wahres Wunder erlebt. Ganz so schnell ging es natürlich nicht. Es brauchte einige Übungsmöglichkeiten im alltäglichen Leben. Als ich es geschafft habe, die Schuld ganz wegzulassen, ist Dankbarkeit zu einer Energiequelle für mich geworden.
Probieren Sie es aus! Suchen Sie sich etwas Unverfängliches für das Sie ohne Schwierigkeiten dankbar sein können und steigern Sie sich ganz in das Gefühl hinein. Geniessen Sie die daraus erwachsende Freude, Liebe und das Glücksgefühl!
Sibylle Stör-Furrer
FreudeLeicht – Praxis für Freude & Leichtigkeit
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