Der Jesuitenpater und Zen-Meister sieht sich als Brückenbauer. Zwischen Ost und West, Zen und Christentum, Meditation und Aktivitäten im Alltag. Ihm liegt das Miteinander am Herzen, besonders auch dasjenige zwischen Mann und Frau.
„Yoga! Das Magazin“: Zur Jahrtausendwende hiess es: „Jetzt beginnt das Jahrhundert der Frauen.“ Wie sehen Sie das?
Niklaus Brantschen: Es sollte nicht das Jahrhundert der Frauen auf Kosten der Männer beginnen, sondern das Jahrhundert der Partnerschaft. Das ist für alle ein anspruchsvoller Lernprozess, aber es ist möglich. Die Menschheit ist wie ein Vogel mit den beiden Flügeln Mann und Frau. Es ist ein schräger Vogel, und er kommt nicht vom Fleck, sollte ein Teil nicht richtig entfaltet sein. Es wäre auch wieder ein schräger Vogel, wenn die Männer auf der Strecke bleiben und nur die Frauen das Sagen hätten.
„Yoga! Das Magazin“: Sie haben zusammen mit Pia Gyger das Lassalle-Institut aufgebaut. Wie war ihre Partnerschaft?
Niklaus Brantschen: Als zölibatäres Paar haben wir Neuland betreten. Wir haben vorgelebt, dass es eine Beziehung auf Herzebene gibt, die Kreativität und Kraft ermöglicht. In unserer über 40-jährigen Partnerschaft pflegten wir das Miteinander. Wir haben miteinander Artikel und Briefe geschrieben und unterschrieben und sind miteinander aufgetreten. Wir waren ein Zweier-Team, das sich gegenseitig den Ball zuspielt und gleichberechtigt auf Augenhöhe agiert. Wir sagten oft: Wir sind beide stark, aber miteinander sind wir sackstark – ein Power Paar!
„Yoga! Das Magazin“: Wie kamen Sie zum Zen?
Niklaus Brantschen: Ich entschied mich nach der Matur für eine priesterlich-jesuitische Laufbahn. Im dritten und letzten Studienjahr bot sich mir die Gelegenheit, bei Hugo Lassalle in Japan zu lernen, einem Jesuiten, der seit Jahren Zen praktizierte. Ich bin nicht als frustrierter Christ in den Osten aufgebrochen, sondern aus Neugierde. Was tut sich in einer ganz anderen Kultur, in einer ganz anderen Tradition, einer anderen Religion? Im Westen leben heute viele Buddhisten, Hindus und Muslime. Da ist es gut, sich nicht nur theoretisch mit der andern Tradition auseinanderzusetzen, sondern sich auch auf den Weg der Erfahrung zu begeben.
Niklaus Brantschen wird am Yogakongress „50 Jahre Yoga Schweiz“ im Lassalle-Haus am 28. September eine Einführung in den Zen geben: www.yoga.ch/yogakongress
Lesen Sie das Porträt über ihn in der aktuellen Ausgabe 3/18