Die USA sind in Sachen Yoga immer eine Reise wert. Tolle Yogastudios, super Lehrer und perfekte Yogakleider sind nur einige Stichworte, die sofort in mir hochsteigen, wenn ich an meine alte Heimat denke. Trotzdem war ich überrascht, als ich kürzlich im Shop des New Yorker Guggenheim Museums auf Yogamatten stiess. Das Ganze stand unter dem Motto „Kunst auf Yogamatten“: „Von Natur aus meditativ, stellt der Yoga einen intimen Raum bereit, um Kunst zu betrachten“, war im Beschrieb zu lesen.
Aha. Es ist sehr wohl möglich, dass ich eine Kunstbanause bin. Denn diese Yogamatten mit ihren stolzen Preisen sprachen mich überhaupt nicht an. Vor allem die Matte, die aussah wie eine Hundert-Dollar-Note.
Geld als Kunst. Im Yogatudio. Als hätte ich während meiner Yogapraxis nichts anderes zu tun als auf Geld zu starren. Geld, das ich durchaus gebrauchen könnte. Für ein neues Tank-Top zum Üben zum Beispiel. Und schon bin ich da, wo ich gar nicht hinwollte: bei der Tatsache, dass ich in der Yogastunde manchmal gar nicht bei der Sache bin. Anstatt mich in das Asana und mich selbst zu versenken, studiere ich an der Frisur meiner Mattennachbarin herum. Oder an den neuen Shorts meines Gegenübers.
Da kann ich eine Hundert-Dollar-Note wirklich nicht auch noch gebrauchen. Dann habe ich nicht einmal mehr im herabschauenden Hund Ruhe. Denn anstatt auf einen violetten, durchaus meditativen Untergrund zu schauen, erinnert mich diese Dollarnote an die unangenehmen Dinge in meinem Leben: die Rechnungen, die noch bezahlt werden müssen, die Parkbusse, die ich während der Yogastunde gefasst habe, der eher tiefe Kontostand auf der Bank.
Nun kann man natürlich sagen, dass diese Hundert-Dollar-Note-Yogamatte eine wunderbare Übung im Loslassen ist. Im Loslassen von meinen Gedanken – über das Geld, über das Aussehen einer Yogamatte, über die Welt vor dem Yogastudio. Wenn da nicht noch diese Kokslinie gewesen wäre. Mitten auf der Dollarnote.
Das heisst, dass ich, wenn ich einmal ganz tief im Hund bin und den Kopf auf die Matte ablege, meine Nase direkt auf dem Koks habe. Oder das Kokain sich beim Kopfstand in meinen Haaren festklebt.
Da lobe ich mir doch die harmlosen, unifarbenen Yogamatten in den Yogastudios. Obwohl – auch die haben es in sich. Ich habe mich schon oft gefragt, was es wohl mit dem abgeschabten Loch in der unteren Ecke auf sich hat. Oder von was die dunklen Flecken stammen. Schweiss? Blut? An die Yogamatten im Iyengar-Yogainstitut in Pune darf ich gar nicht denken. Diese in der Hitze Indiens intensivst genutzten Matten sehen nicht nur schlimm aus, sie riechen auch fürchterlich.
Vielleicht muss ich mich doch mit der Hundert-Dollarnote und der Kokslinie anfreunden. Die Chance, dass sonst noch jemand auf so einer so abgedrehten Yogamatte praktizieren will, ist relativ klein. Dann riecht sie wenigstens nur nach mir.