Das Yogastudio, das ich während Jahren in den USA besuchte, hatte das Motto „Another day, another dog pose“ – „Ein weiterer Tag, eine weitere Hundestellung“. Typisch amerikanisch, dachte ich damals: Selbst ein seriöses Iyengar-Yogastudio will sich bei den Hundefans einschmeicheln. Aber da die Hundestellung schon immer eine meiner Lieblingsstellungen gewesen ist und wir selber zwei Hunde hatten, war das für mich in Ordnung. Ich trug das T-Shirt mit dem entsprechenden Motto gerne auf den Hundespaziergängen im Wald.
Es erstaunte mich nicht wirklich, als ich später vom neusten Trend in der Yogaszene hörte – Doga, das Üben auf der Matte mit dem Hund. Da nimmt man oder wohl eher frau ihren Vierbeiner ins Yogastudio mit, bewegt sich elegant von Asana zu Asana und staunt darüber, wie Hund entsprechend mitmacht.
Oder so sieht wohl die Idealvorstellung aus. Als langjährige Hundehalterin kenne ich andere Realitäten: der Hund steht quer auf der Matte und versperrt den Platz, rennt davon anstatt sich in der nach oben gerichteten Hundestellung zu strecken, bellt andere Hunde an und hinterlässt auf der schönen blauen Matte Hunderte von kurzen Hundehaaren, die nie mehr rauskommen und auch an der neuen Yogahose festkleben. Also damit wollte ich gar nichts zu tun haben!
Aber natürlich kommt es im Leben selten so, wie man sich das denkt. Mit meiner Liebe zum Yoga wuchs mein Bedürfnis, eine persönliche Praxis aufzubauen und zu Hause auf die Matte zu treten. Offenbar war ich nicht die einzige: als hätte sie schon immer auf eine Doga-Stunde gewartet, war meine Hündin zur Stelle, sobald ich die Matte ausrollte.
Ich probierte Tricks aus: Schlich mich zu den unterschiedlichsten Zeiten davon und legte das Yogamaterial möglichst leise aus. Doch sie war immer da, sobald es los ging. Ich ging ins Schlafzimmer und schloss die Türe. Kaum war ich im ersten Asana, hörte ich lautes Schnaufen unter dem Türspalt. Wenn ich hart blieb, kratzte es an der Türe.
Schliesslich ergab ich mich in mein Schicksal und akzeptierte, dass ich eine Doga-Person bin. Ich rollte meine Matte aus, rief meiner Hündin zu, dass es Zeit fürs Yoga sei und bereitete mich aufs OM-Singen vor, während sie sich gemütlich auf ihrer Hundedecke einkuschelte. Zu meinem grossen Erstaunen merkte ich, dass Yoga uns beiden gut tut. Offenbar entsteht eine Energie, die nicht nur mich mit Friede und Glückseligkeit erfüllt, sondern auch die Hunde beruhigt.
Als Lulu starb, fiel es mir schwer, plötzlich alleine zu üben. Deshalb stellte ich ein Foto von ihr an den Ort, wo ich immer übe. Darauf sieht sie mich mit ihren braunen Augen wissend an. Zweifellos ist sie in ihrem früheren Leben eine Yogini gewesen.