Liebende Annahme und Wohlwollen. Schlagwörter in der spirituellen Szene, die häufig und gern in den Mund genommen werden. „Du musst annehmen, was gerade ist.“
Klar, manchmal ist das eine gute Taktik. Zuerst einmal darüber schlafen, wenn beispielsweise der Haussegen schief steht. Und so meditieren wir fleissig. Sind stolz darauf, wenn es uns gelingt zu akzeptieren, dass es gerade nicht so nach unserem Kopf geht. Diese Art der Annahme finde ich hilfreich. Denn es geht darum, die eigenen Denkmuster und Haltungen zu hinterfragen und dem Gegenüber mit Wohlwollen zu begegnen.
Wut ist kreativ
Manchmal bereitet mir diese Haltung jedoch Mühe. Es ist einfach, sich zurückzuziehen und OMMM zu chanten und der ganzen Welt Frieden und Liebe zu senden. Manchmal braucht es Kreativität, um mit schwierigen Situationen umzugehen. Was machen wir aus unserer Wut, wenn wir „angegriffen“ werden? Legen wir sie still und meditieren wohlwollend vor uns hin oder nutzen wir diese Energie und tun was? Werden kreativ und schöpferisch, anstatt reaktiv im Stillen Kämmerlein darauf zu warten, dass die unangenehmen Gefühle vorbei gehen?
Wofür stehst du ein?
Ich glaube, manchmal geht es darum, nicht zu akzeptieren, was ist. Sondern hinzustehen und Nein zu sagen. Eine Meditationslehrerin, eine geerdete Yogini, hat mich zu diesen Zeilen inspiriert. Sie hat diesbezüglich Klartext gesprochen. Es gehe darum, Stellung zu beziehen und für unsere Werte einzustehen. Das hat mich beeindruckt und ich hab es mir selber zu Herzen genommen. Kürzlich kam jemand mit einem Anliegen auf mich zu. Diese Person hatte mich Monate zuvor übel beschuldigt. Ich war „baff“, als sie mich um einen grossen Gefallen bat. Zuerst spürte ich Wut und Ablehnung. Dann Unverständnis. Woher kam diese Wut? Was in mir war so verletzt? Ich liess mir Zeit mit meiner Antwort und horchte in mich hinein. Dann wusste ich es: Es ging mir um Respekt und um Vertrauen. und doch zögerte ich. War ich zu stolz, engherzig oder gar böswillig? Nach ein paar Tagen stand mein Entschluss fest: Die Antwort auf die Bitte würde „Nein“ lauten. Mulmig war mir trotzdem dabei zu Mute. Die Reaktion auf meine negative Antwort? Verständnis. Akzeptanz. Ich war erleichtert. Und heute habe ich ein deutlich besseres Gefühl, wenn ich mit dieser Person im Kontakt bin. Weil ich für mich eingestanden bin.
Unerschütterlich wie ein Berg
Bevor du aber ein Gefühl wie Wut in schöpferische Energie umwandelst und sofort zur Tat schreitest, überleg dir doch zuerst, wofür du eigentlich einstehst. Was ist dein Ziel bei der „Revolte“? Dafür stellst du dich in die Bergpose. Unerschütterlich solid. Und erst dann handelst du.