Ich übe jeden Morgen Yoga. Den Sonnengruss, viermal. Seit Jahren. Na ja, fast jeden Morgen. An Wochenenden oder wenn ich krank bin, lasse ich es grosszügig sein. Oder wenn ich zu müde oder zeitlich zu knapp dran bin. Nach dem Sonnengruss mache ich oft noch ein oder zwei Asanas, von denen ich das Gefühl habe, dass sie mir gerade an diesem Tag besonders hilfreich sein könnten. Das Dreieck, den Baum oder den Krieger. Und alles ohne Yogamatte, auf einem weichen Wohnzimmerteppich. Geht das? Ist es dann überhaupt noch Yoga, wenn ich nicht auf einer «richtigen» Yogamatte übe, habe ich mich vor einer Weile allen Ernstes gewundert.
Nun frage ich nicht mehr, ich mache einfach. Ich muss schliesslich zwei kleine Kinder für Kindergarten und Schule bereitmachen, ohne dabei meine Ruhe und Gelassenheit ganz zu verlieren. Das allein lasse ich ab und zu als eigenes Asana durchgehen!
Für mich persönlich ist Yoga eine Art Anker, eine Erinnerung, mich auf meinen Atem zu besinnen. Meine innere und äussere Haltung zu beobachten. Beide hängen zusammen, sind in wundersamer, komplexer und doch einfacher Wechselwirkung. Das Üben von Yoga lehrt mich immer wieder, die Perspektive der Beobachterin einzunehmen. Für mich gelingt das am besten, wenn ich meinen Atem in meiner Vorstellung bis in meine Fusssohlen lenke. Meinen Bauch weich werden lasse. Schon durch das blosse Denken an meine Muskeln fällt oft Anspannung von mir ab. Ich atme tiefer und noch ein wenig tiefer. Ich gähne, strecke mich, achte mich auf meinen Platz zwischen Himmel und Erde. Ich bin in der Mitte. Und lenke meine Aufmerksamkeit kurz in meinen Bauch, spüre meinen Atem. Ich achte mich auf meine Wirbelsäule. Gibt es für sie eine geeignetere, beweglichere oder gar weichere Position in diesem Augenblick?
Das ist für mich Yoga im Alltag. Das souveräne Beobachten und Führen meiner Gedanken und Gefühle, sei es auch nur für ein paar wenige Augenblicke. Alltägliche Pflichten, Sorgen, Ängste und sich überschlagende Gedanken holen mich immer wieder ein. Irgendwann im Laufe meiner Yoga Praxis der letzten 15 Jahre habe ich realisiert, wie genial das Wechselspiel von Körper und Geist ist. Entspanne ich meine Muskeln, meinen Körper, wird mein Geist sofort ruhiger. Und umgekehrt. Das ist für mich Yoga im Alltag. Das Erfahren, Beobachten und Atmen.
Nicht jeden Morgen fällt es mir leicht, mit Yoga zu beginnen. Mit den Jahren habe vieles ausprobiert und immer wieder erfahren, dass es ganz einfach sein kann, Yoga in den Alltag zu bringen. Habe ich Widerstände gegen den morgendlichen Sonnengruss, lasse ich sie einfach da sein. Meistens lösen sie sich nach der zweiten Runde auf. Yoga im Alltag bedeutet für mich dranbleiben, bestimmt aber sanft. In kleinen Schritten. Immer wieder von Neuem.
… wow! Den Morgen mit Yoga beginnen, klingt herrlich! Mein Ziel ist es auch, den Morgen mit Yoga zu beginnen!
Ich bin eine blutjunge Yoga-Anfängerin, habe durch ein 4-tägiges-Yoga-Seminar im wunderschönen „Das Kranzbach“ (Bayern), welches ich letzten Oktober besuchen durfte, Yin Yoga entdeckt. Yin Yoga ist für mich wie geschaffen. Durch das, dass ich sonntags Yin Yoga praktiziere, fühle ich mich in meinem Alltag viel ruhiger und ausgeglichener. Ich achte auch bewusst auf meine Atmung, grad in Stresssituationen. Ich freue mich sehr, dass ich Yin Yoga in meinen Alltag integrieren kann. Auch für mich bedeutet Yoga im Alltag „dranbleiben, in kleinen Schritten.“
Lieben Dank für den tollen Beitrag im Heft Nr. 5 / 16, Yin Yoga, die Rückkehr der Ruhe!
Einen schönen Restsonntag,
herzlich,
Pia
Liebe Pia
danke für deinen Kommentar! Es kommt ab und zu vor, dass ich gar nicht gerne Yoga mache am Morgen. Meistens tu ich es dann trotzdem und dann ist’s wirklich ein guter Tag. Liebgruss 🙂
Liebe Csilla
Schön, dich hier zu lesen. Was du hier beschreibst, ist auch meine Erfahrung. Das Wechselspiel zwischen Ruhe im Körper und Ruhe in der Seele. Danke für diesen feinen Text!
Ihr habt hier ein feines Blog gestartet, das ich gerne weiterverfolge.
Herzlich, D.
Danke! Wir schreiben den Blog auch gerne.