Letzten Sommer in den Ferien. Ich liege im Schatten, es ist angenehm warm. Mein Buch plätschert vor sich hin, meine Gedanken ebenfalls. Ich bin nicht ganz bei der Geschichte. Da reisst mich meine Freundin mit einer simplen Frage aus der einlullenden Trägheit: „Du, was ist eigentlich Yoga?“
Ich bin überrumpelt, überlege, versuche mich an Fakten zu erinnern. Gerade will ich zu einer langatmigen Abhandlung über die Wurzeln des Yoga ausholen, als ich innehalte.
Die Theorie, die können alle nachlesen. Die acht Pfade des Yoga, die Entstehung, die verschiedenen Yogastile und Gurus. Was jedoch Yoga in einem bewegt und für jede und jeden persönlich bedeutet, das steht nicht in den Theoriebüchern.
Nasenwasser
Ja, was ist denn Yoga für mich ganz persönlich? Als ich damit begann, eher so per Zufall, hatte ich keine grossen Erwartungen. Eigentlich wollte ich nach einer Pilates-Grundausbildung ins Unterrichten einsteigen. Doch dann hab ich eine Probelektion in Yoga besucht. Und kam nach eineinhalb Stunden mit wackeligen Beinen aber zufrieden wieder raus. Pilates war im Vergleich dazu ja reines Nasenwasser! Ich merkte, dass Pilates für mich eher ein rein mechanisches Training war und mir etwas gefehlt hatte. Im Yoga hatte ich es gefunden, dieses „ gewisse Etwas“. Es ist schwer zu beschreiben. Es fühlt sich einfach anders an nach einer Yogalektion als nach einer Pilatesstunde. Ich bin viel ruhiger, entspannter, zufriedener. Die Mischung aus anstrengenden, kräftigenden Stellungen, den Dehnungen und den Entspannungs- und Atemübungen ergänzen einander ideal. Wie Salz und Pfeffer in einer Sauce. Es braucht beides, um sie schmackhaft zu machen.
Nebenwirkungen
Yoga lehrt mich einiges über mich selbst. Ich merke, dass mein Körper (und auch mein Hirn!) lernfähig und dehnfähig ist. Yoga lehrt mich Flexibilität. Nicht nur körperlich, sondern auch mental. Häufig glaube ich, eine bestimmte Pose sei unmöglich. Und trotz körperlichen Hindernissen mache ich klitzekleine Fortschritte. Na ja, millimeterweise. Immerhin. Ausserdem hat Yoga erfreuliche Nebenwirkungen: Ich lerne viel über meine fixen Vorstellungen, über meine limitierte Konzentrationsfähigkeit, meine sorgensüchtigen Gedanken, über Akzeptanz mir gegenüber. Dank Yoga hab ich auch entdeckt, dass Disziplin nicht nur negativen Beigeschmack haben muss. Diese Übungen und Stellungen haben es dermassen in sich, dass ich vor lauter Konzentration sogar vergesse zu denken. An das, was gerade war, bevor ich angefangen habe zu üben. Oder an das, was nachher noch ist. Oder an das, was mich schon die ganze Woche liebenswürdigerweise nervt.
In diesem Sinne: einfach mal tief Luft holen und los gehts. Probieren Sie einfach aus, was Yoga mit ihnen macht. Sie werden auf jeden Fall staunen. Das garantiere ich Ihnen.
P.S.: Wenn wieder einmal diese nette Drehstellung im Sitzen angesagt ist, wo die Arme hinter dem Rücken mit Umweg über ein angewinkeltes Knie verschränkt werden sollen, und ich hinter dem Rücken mit den Händen herumfuchtle, dann werde ich immer wieder unsanft genau an das erinnert, was ich eben so huldvoll als Akzeptanz beschrieben habe! Übrigens: die Pose, die ich meine, heisst Marichyasana 1.